Seminar: Warum sind wir unersättlich. Essens und Hunger in der Literatur (do 16-18 Uhr) - Details

Seminar: Warum sind wir unersättlich. Essens und Hunger in der Literatur (do 16-18 Uhr) - Details

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General information

Course name Seminar: Warum sind wir unersättlich. Essens und Hunger in der Literatur (do 16-18 Uhr)
Semester SoSe 2025
Current number of participants 7
maximum number of participants 30
Home institute Germanistisches Institut
Courses type Seminar in category Offizielle Lehrveranstaltungen
First date Thursday, 03.04.2025 16:15 - 17:45, Room: Seminarraum 21 (Raum E.04) [LuWu 2]
Participants Modul LA Sek./LA Sek.Fö.: Literaturgeschichte. (17. Jh. bis zur Gegenwart) (5 LP)
Modul B.A./LA Gymn.: Literaturgeschichte. (17. Jh. bis zur Gegenwart) (10 LP)
Modul BA/LA: Themen, Stoffe und Motive
Modul Master: Literaturgeschichte / Themen, Stoffe, Motive / Theorie, Geschichte und Arbeitsfelder der Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft
Modul Master I (LA Gym., 1.und 2. Fach; LA Sek., 1. Fach; LA Fö/Sek.,1. Fach)
Modul Master II (LA Gymn. 1. Fach))
Modul Master Lit.wiss.: Weltliteratur
Modul Master Lit.wiss.: Deutschsprachige Literatur: Imagination, Produktion, Poetik
Lehrsprache(n) Deutsch
Studiengänge (für) BA 60/90
LA Gymn./ LA Sek. u. Fö
Masterstudiengänge
SWS 2

Module assignments

Comment/Description

Auf den ersten Blick scheint es fast unverständlich zu sein, ein Motiv wie das Essen in der europäischen Literatur untersuchen zu wollen. Man könnte gegen einen solchen Seminarplan einwenden, dass das Essen natürlich überall in der Literatur auftauche, was allerdings auch nicht sonderlich verwunderlich sei, weil die Nahrungsaufnahme zu den wenigen anthropologischen Konstanten gehöre. Ist es aber dann gerechtfertigt, diese Notwendigkeit, dass wir eben essen müssen, eigens in der Literatur zu untersuchen? Welche Erkenntnisse glaubt man aus einer solchen motivgeschichtlichen Untersuchung ziehen zu können? Solche Fragen nach dem Sinn und Zweck können jedoch nur gestellt werden, wenn man das Phänomen des Essens bloß aus der verengten Perspektive einer biologisch orientierten Medizin wahrnimmt. Dieser Blickpunkt verleugnet jedoch die Tatsache, dass es in der Geschichte des Menschen immer schon eine ausdifferenzierte Esskultur gab. Man isst selten allein, sondern stets mit anderen Menschen, beispielsweise während eines religiös motivierten Festmahls. Diese Tatsache, dass das Essen eine gemeinschaftliche Handlung ist, zeigt sich schon an einem frühen, spätantiken Roman von Petron, in dem ausführlich das Gastmahl des Trimalchio geschildert wird. Das Essen wird dort zu einem symbolischen Ausdruck der krankhaften, narzisstischen Selbstbehauptung eines Aufsteigers, eines Parvenüs, der mit dieser Einladung einen Prestigekampf im Sinne Bourdieus führt. Dieser Prestigekampf steht unter dem Motto: Man ist, was man isst. Da sich jedoch die klassische Philosophie, so Peter Sloterdijk in seinem ersten Band der Sphären, mit dem Logos, dem Wort, als spezifisch menschlicher Ausdruck identifiziert, spielt dort die non-verbale Kommunikation der Oralität bestenfalls nur eine untergeordnete Rolle. Erst die Psychoanalyse, und dort vor allem die erste Generation nach Freud – genannt seien hier Anna Freud, Melanie Klein und Frederick Perls – entdecken in der Nahrungsaufnahme des Säuglings eine Art nonverbaler Kommunikation, die für den Prozess der Individuation des kleinen Menschen grundlegend ist. Die Aufnahme als auch die Verweigerung der Nahrung, die einerseits den Wunsch nach Anlehnung, andererseits den Wunsch nach Autonomie ausdrücken, sind aus der Sicht dieser Psychoanalytiker nonverbale Metaphern, die sich eindrucksvoll als Essstörungen wie die Anorexia nervosa (Magersucht), Bulimia nervosa (zwanghaftes Erbrechen) oder der Esssucht zeigen. Aber auch in der Alltagssprache wird das Essen zu einer grundlegenden Metapher, um Gefühlszustände, die im Umgang mit Menschen erwachsen, zum Ausdruck bringen zu können; so sprechen wir wie selbstverständlich vom unstillbaren Hunger nach Anerkennung, nach Liebe, Geld oder Konsum. Viele destruktive Gedanken werden durch die Metapher des Essens dargestellt. So behaupten wir, dass der Hass zerfleischt oder dass der Kummer und die Sorgen an uns nagen, oder wir stellen fest, dass wir von Gewissensbissen geplagt werden. Auch die Ästhetik ist für uns eine Wissenschaft der Geschmacksfragen. Wir begreifen nun in diesem Seminar die Darstellungen des Essens in der Literatur als eine solche grundlegende Metapher, mit der es den Autoren gelingt, das Verhältnis der Menschen zueinander zu beschreiben und zu charakterisieren. Wir werden in diesem Seminar diese Metapher der Oralität mit ihren Ausgestaltungen von der antiken Mythologie, über das Märchen bis zur zeitgenössischen Literatur zu verfolgen haben.
Zur Vorbereitung auf dieses Seminar empfehle ich: K. Kashiwagi-Wetzel, A.-R. Meyer: Theorien des Essens. Berlin: Suhrkamp Verlag 2017.

Admission settings

The course is part of admission "Beschränkte Teilnehmendenanzahl: Warum sind wir so unersättlich. Über den Bedeutungswandel des Essens in der Literatur (do 16-18 Uhr)".
The following rules apply for the admission:
  • A defined number of seats will be assigned to these courses.
    The seats will be assigned in order of enrolment.
  • The enrolment is possible from 10.03.2025, 08:00 to 30.04.2025, 23:59.