In den Forschungen zu antijüdischen Gewaltexzessen in der modernen europäischen Geschichte stehen verschiedene Erklärungsmodelle nebeneinander. Dazu gehören die Thesen, dass Pogrome vom Staat befördert wurden, um den herrschenden Gruppen die Macht zu sichern und von den „eigentlichen“ Konflikten abzulenken, dass sich sozioökonomische Krisensituationen in Ausschreitungen gegen Juden als „Sündenböcken“ entluden oder dass Gewaltexzesse das gewissermaßen zwangsläufige Resultat des Antisemitismus seien. Während diese Erklärungsversuche meist das konkrete Ereignis nicht näher in den Blick nehmen, sondern nach möglichen politischen Zielen im Hintergrund, nach Krisenkontexten oder nach der sozialen Herkunft der Gewalttäter fragen, deuten neuere Ansätze Gewaltausbrüche zwischen sozialen Gruppen als soziales Ritual mit einem hohem Anteil symbolischer Handlungen, die als solche „gelesen“ werden können. In der Lehrveranstaltung sollen verschiedene Pogrome im östlichen Europa und in Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert untersucht und daran die unterschiedlichen Erklärungsmodelle getestet werden. Bedingung für die Teilnahme ist die Bereitschaft zur Lektüre englischsprachiger Texte.
Einführende Literatur: Anti-Jewish Violence
Rethinking the Pogrom in East European History, hrsg. v. Jonathan Dekel-Chen u.a. Bloomington 2011; Exclusionary Violence. Antisemitic Riots in Modern Germany, hrsg. v. Christhard Hoffmann u.a., Ann Arbor 2002; Pogroms. Anti-Jewish Violence in Modern Russian History, hrsg. v. John D. Klier u. Shlomo Lambroza, Cambridge 1992.
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