Das Seminar untersucht die Aufklärung – im Unterschied zum noch immer gängigen Verständnis als „Zeitalter der Vernunft“ – als Debattenkultur, als Zeit, in der vielfältige Auseinandersetzungen stattfinden, die nicht immer nach dem Muster eines simplen Gegensatzes von Aufklärung und ihren Gegnern beschreibbar sind. Ausgangspunkt ist die Frage, inwieweit diese Kontroversen inhaltlich wie formal die Aufklärung bestimmten, inwieweit Form und Modus der Kontroverse genauso entscheidend für die Entwicklung aufklärerischen Gedankenguts waren wie die jeweilige inhaltliche These. Formen und Inhalte von Kontroversen der Aufklärung herauszuarbeiten ist Ziel dieses Seminars. Es behandelt interdisziplinär zentrale Debatten der Aufklärung und vermittelt auf diesem Weg ein kontrastreiches, aber dadurch historisch genaueres Bild des 18. Jahrhunderts. Auf diesem
Wege lassen sich auch Forschungskontroversen über die Aufklärung quellenbasiert neu bewerten. Dabei lassen sich philosophische, literarische, literaturtheoretische Debatten kaum disziplinär scheiden.
Im Seminar werden u.a. die Debatten zwischen Christian Wolf und dem Halleschen Pietismus, zwischen Bodmer / Breitinger und Gottsched, zwischen Lessing / Reimarus und Goeze, zwischen Lichtenberg und Lavater, zwischen Mendelssohn und Kant sowie die Debatte um die Wöllnerschen Edikte untersucht.
Das Seminar erfordert eine intensive Beschäftigung mit den jeweils behandelten Texten. Es setzt zudem eine mindestens gute Kenntnis der Literatur des 18. Jahrhunderts voraus. Es wird als Blockveranstaltung an mehreren ganztägigen Terminen (an Wochenenden) durchgeführt.
Literatur (Auswahl):
Ursula Goldenbaum: Appell an das Publikum. Die öffentliche Debatte in der deutschen Aufklärung 1687-1796, Berlin 2004
Werner Schneiders: Die wahre Aufklärung Zum Selbstverständnis der deutschen Aufklärung, Freiburg, München 1974
Norbert Hinske (Hg.): Was ist Aufklärung? Darmstadt 1990.