Im Laokoon (1766) zieht Lessing unter mehrfachem Rückgriff auf markante Schriften der europäischen Kunstliteratur eine scharfe Trennungslinie zwischen Poesie und Malerei. Die Malerei gebrauche »Figuren und Farben in dem Raume«, die Poesie »artikulierte Töne in der Zeit«. Aus dieser Differenz in der medialen Beschaffenheit der Künste leitet Lessing eine weitere ab: Zur Darstellung ihrer Gegenstände verfüge die Poesie über einen breiteren Spielraum als die bildende Kunst, denn dem Bildhauer und Maler sei die Darstellung von paroxystischen Momenten nicht erlaubt, während der Dichter solche Momente – etwa in der Form von extrem widrigen oder hässlichen Gestalten – darstellen dürfe. Für den Diskurs über die bildenden Künste, der sich im Europa des 18. Jahrhunderts im Umbruch befindet, sowie für die Produktion von Werken der bildenden Kunst wirft dieses semiotische System zahlreiche Fragen auf: Welche Kenntnis hatte Lessing der antiken und modernen bildenden Kunst überhaupt? In welchem Verhältnis steht sein Begriff der bildenden Kunst zum Kunst¬verständnis seiner Vorgänger und Zeitgenossen (Bodmer, Breitinger, Winckelmann, John Harris, Du Bos, Batteux, Diderot, Hagedorn)? Welches sind bei ihm die Grenzen des Schönen in der Kunst? Wie lässt sich das Hässliche genau definieren? Ziel des Seminars ist es, Lessings Position zur bildenden Kunst von der Veröffentlichung des Laokoon bis in seinen späteren Schriften zu analysieren und sie im Kontext der europäischen Diskussion über die Grenzen von Poesie und Malerei zu verorten.
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