In den letzten zwei Jahrzehnten haben Historikerinnen und Historiker den Völkermord an den europäischen Juden vor allem unter zwei - naturgemäß miteinander verbundenen - Perspektiven untersucht. Die einen interessierten sich für jene strukturellen Faktoren, die zur gewaltsamen Dynamik der nationalsozialistischen Vernichtungspolitik beitrugen - also etwa für die "kumulative Radikalisierung" (Hans Mommsen) innerhalb eines Herrschaftssystems, das neuerdings als "Neue Staatlichkeit" (Rüdiger Hachtmann) beschrieben worden ist. Das Interesse der anderen galt den verschiedenen Typen von Tätern, Mitläufern und Zuschauern, deren Verhalten in der Summe den Holocaust ermöglichte. - Wie ist ihr Handeln zu erklären? Das Seminar rekonstruiert nicht "die" Geschichte des Holocaust, sondern thematisiert in Auswahl die wichtigsten Perspektiven und Erklärungsangebote der Forschung. Wir lesen, analysieren und diskutieren zentrale (teilweise kontroverse) Beiträge der Holocaustforschung und interpretieren einzelne Quellen vor dem Hintergrund dieser Forschungsdiskussion und unserer eigenen Fragen. Wie kommt man überhaupt angesichts Tausender von Büchern und Aufsätzen zum Thema zu einer "eigenen Frage" - nicht zuletzt dieses Problem wird uns beschäftigen. Falls Sie dieses Seminar im Rahmen des MA Moduls Moderne I besuchen, beachten Sie bitte: Das Seminar und die im selben Modul von Herrn Hettling angebotene Übung "Holocaust als Geschichte" sind so angelegt, dass sie sich bewusst ergänzen. Wir empfehlen Ihnen daher den Besuch beider Veranstaltungen.
Zur Einführung empfehle ich:
Dieter Pohl: Verfolgung und Massenmord in der NS-Zeit 1933-1945, Darmstadt 2003.
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