Unter den Zeitgenossen bekannt und geschätzt als empfindsamer Dramenautor, wird Diderot in aktuellen Literaturgeschichten allenfalls noch als (Mit-)Begründer des „bürgerlichen Trauerspiels“ erwähnt. Dabei beschränkt sich seine dramatische und dramentheoretische Produktion keineswegs auf dieses betuliche und etwas sentimentale Genre: in seinen späten Jahren hat Diderot einige sehr radikale und innovative Positionen zum Theater, zur Rolle des Schauspielers, zur Dynamik der sozialen Interaktion etc. vorgelegt. Vor allem jedoch entleiht er dem Theater wichtige kommunikationstheoretische Strategien, die auch in seinen Erzähltexten sowie in den philosophischen Schriften zum Tragen kommen. Die „Performanz“ gestaltet sich hier als Strategie der Entgrenzung gegenüber dem Theater als sozialer und literarischer Institution.
Das Seminar wird den Zusammenhang zwischen Dramentheorie und –praxis bei Diderot herausarbeiten. Dabei wird zugleich in seine bedeutendsten produktions- und rezeptionsästhetischen Grundannahmen eingeführt, die wir dann auch anhand von ausgewählten Erzähltexten untersuchen werden.