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Seminar: Kulturdiagnostik zwischen Fortschrittsglauben und Niedergangslamento: Texte, Figuren, Diskurse, Kontexte (17. bis 19. Jh. mit Ausblicken in die Gegenwart (do 16-18) - Details
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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: Kulturdiagnostik zwischen Fortschrittsglauben und Niedergangslamento: Texte, Figuren, Diskurse, Kontexte (17. bis 19. Jh. mit Ausblicken in die Gegenwart (do 16-18)
Untertitel (Modul B.A./LA: Literaturgeschichte. [17. Jh. bis zur Gegenwart] Modul B.A./LA: Literaturgeschichte 17.-19. Jahrhundert (alte Ordnung) Modul B.A./LA: Themen, Stoffe, Motive
Semester SS 2018
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 4
maximale Teilnehmendenanzahl 20
Heimat-Einrichtung Institut für Germanistik
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Offizielle Lehrveranstaltungen
Erster Termin Donnerstag, 05.04.2018 16:15 - 17:45
Studiengänge (für) B.A. DSL 60/90
LA Gymn./LA Sek.- und Förderschule
SWS 2

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Donnerstag: 16:15 - 17:45, wöchentlich(14x)

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

„Fortschritt stellt sich nicht in Warteschlangen“, wirbt ein Plakat an der Trambahnhaltestelle am Rannischen Platz in Halle. Dass von Fortschritt einfach so geredet werden kann, also ohne zu sagen, um welchen Fortschritt es sich denn eigentlich handelt, ist Ausdruck einer Evidenz, die dem Fortschrittsbegriff erst seit dem 18. Jahrhundert allmählich zugewachsen ist. Zwar lässt sich bereits in der Antike vereinzelt ein Bewusstsein identifizieren, dass es gegenüber der Vergangenheit Fortschritte gegeben habe, etwa in den Wissenschaften. Doch vorherrschend war in der Vormoderne die Vorstellung, dass sich in dieser Welt nichts Neues ereignen wird, vielmehr dem Verlauf der menschlichen Geschichte ein unentrinnbarer Verfall inne wohnt. Darauf verweisen Figuren wie die eines Goldenen Zeitalters am Anfang der Geschichte, mit der die eigene Zeit einer idyllischen Vergangenheit konfrontiert wurde. Die jüdisch-christliche Heilserwartung wiederum bezog sich nicht auf die Zukunft dieser Welt, sondern auf eine Zeit jenseits der irdischen Geschichte.
Wie ist die Rede von einem Fortschritt entstanden, der ohne nähere Bestimmung so etwas wie ein Bewegungsgesetz der Geschichte bezeichnet, nach dem die Gesellschaft sich ständig verbessernd fortschreitet, die Gegenwart nur als Zwischenstadium einer in der Zukunft liegenden Perfektion erscheint? Und wie hat sich jenes Niedergangsbewusstsein transformiert, das ja bis heute offensichtlich breite Resonanz für sich beanspruchen kann und dem Fortschrittsmodell gerne Gegenrechnungen präsentiert?
Wir wollen in unserem Seminar die Formierung des Fortschritts als Leitfigur der Moderne in einzelnen, exemplarischen Text- und Bild-Stationen im Blick auf unterschiedliche Diskurse (theologische, politische, historische, literarische, künstlerische, wissenschaftliche, moralische, philosophische) vom 17. bis zum 19. Jahrhundert nachvollziehen. Unser Ausgangspunkt ist das 17. Jahrhundert, jene Epoche, in der sich die vor allem auf die ‚neue‘ (Natur-) Wissenschaft bezogene Fortschrittsprogrammatik – abzulesen etwa an Francis Bacons‘ Wissenschaftslehre – in Abgrenzung und Auseinandersetzung mit dem vorherrschenden, vor allem theologisch begründeten Dekadenzbewusstsein formiert. Auch die Querelle des Anciens et des Modernes, die Debatte um die Frage, ob die Antike noch als Vorbild für die zeitgenössische Literatur und Kunst gelten könne, plausibilisiert ungeachtet ihres Ausgangs die zukunftsoffene Perfektibilität der Wissenschaften, unterscheidet aber davon eine der Antike zugemessene Perfektion der Künste. Endpunkt ist das 19. Jahrhundert, das wir anhand einschlägiger Beispiele u.a. aus dem Diskurs der sich formierenden wissenschaftlichen Disziplinen als eine Epoche kennenlernen werden, in dem das Fortschrittsbewusstsein sich als Evidenz der Moderne verfestigt und Aspekte einer regelrechten Fortschrittsgläubigkeit gewinnt. Dazwischen liegt das 18. Jahrhundert, nach Koselleck die ‚Sattelzeit‘ der Moderne, in der das Fortschrittsbewusstsein sich in Gestalt ‚großer‘ Erzählungen (als Menschheits-, Zivilisation-, Literatur-, Kunstgeschichte) versichert und vergewissert, in dem allerdings mit Rousseau auch die Linie einer Kulturkritik einsetzt, die bis heute den selbstgewiss gewordenen Fortschritt mit Niedergangslamentos konterkariert – in bisweilen großer Schärfe im Ton, mit der die Kulturkritik zu einem gefürchteten und zugleich begehrten Typ der Kultur selbst geworden ist. Mehr Konturschärfe bei der Standortbestimmung beider Diskurse verspricht neben unserem Streifzug durch einen kleinen Ausschnitt der Geschichte auch der spezifisch vergleichende Blick auf die beiden Länder Deutschland und Frankreich, denen wir unsere Texte entnehmen. Französischkenntnisse sind daher willkommen, aber nicht zwingend. Wir greifen ggf. auf deutsche Übersetzungen zurück.
Ein Überblick über den genauen Ablauf des Seminars, die einzelnen behandelten Themen und die dafür einschlägigen Quellentexte sowie weiterführende Literatur erfolgt in der ersten Sitzung. Wir wollen unser erstes Zusammentreffen auch nutzen, um Referate zu verteilen, die jeweils im zweiten Teil einer jeden Seminarsitzung einen Quellentext vorstellen und problematisieren. Zuvor werden wir uns anhand eines im Vorfeld von allen gelesenen Textes aus der Forschungsliteratur von ca. 20 bis 30 Seiten einen Überblick über das jeweils behandelte Thema verschaffen.

Zur Einführung in die Thematik können dienen:
Koselleck, Reinhart, „Fortschritt“, in: Otto Brunner et al. (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Bd. 2, Stuttgart, 1979, S. 351-423.
Ders. (1980), „‘Fortschritt‘ und ‚Niedergang‘“ – Nachtrag zur Geschichte zweier Begriffe, in: Ders. et al. (Hg.), Niedergang: Studien zu einem geschichtlichen Thema, Stuttgart, 1980, S. 214-230.
Art. NIEDERGANG/UNTERGANG, in: Karlfried Gründer (Hg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 6, Darmstadt, 1984, Sp. 838-846.
Art. FORTSCHRITT, in: Joachim Ritter (Hg.), Historisches Wörterbuch der Philosophie, Bd. 2, Darmstadt 1972, Sp. 1032-1059.

Anmelderegeln

Diese Veranstaltung gehört zum Anmeldeset "Beschränkte Teilnehmeranzahl: Kulturdiagnostik zwischen Fortschrittsglauben und Niedergangslamento: Texte, Figuren, Diskurse, Kontexte (17. bis 19. Jh. mit Ausblicken in die Gegenwart (do 16-18)".
Erzeugt durch Migration 128 08:37:14 08/21/18
Folgende Regeln gelten für die Anmeldung:
  • Die Anmeldung ist möglich von 15.03.2018, 10:00 bis 30.09.2018, 23:59.
  • Es wird eine festgelegte Anzahl von Plätzen in den Veranstaltungen verteilt.
    Die Plätze werden in der Reihenfolge der Anmeldung vergeben.