Mit der Haitianischen Revolution begann für Lateinamerika ein langer und schwieriger Prozess der Unabhängigkeit, der nun als Bicentenario erinnert wird. Das überragende Projekt, das diese Prozesse der Unabhängigkeit ausrichtete, ist das der „modernen Nation“. Dass sich jedoch die Nationenbildung ganz unterschiedlich, vielfältig und sogar diskontinuierlich gestaltet, möchte das Seminar untersuchen. Dabei soll nicht nur nach den Gründungsliteraturen gefragt werden, die zweifelsohne die Vorstellungen der modernen Nation mit bestimmten, sondern vor allem auch die kulturellen Repräsentationen, Materialisierungen und Inszenierungen von „Nationalkultur“ und „nationaler Identität“ in den Blick genommen werden. Über eine nationale Perspektive hinausgehend soll hier den erzählerischen und erinnerungstechnischen Strategien als auch den politischen Ereignissen nachgegangen werden, um die Wirklichkeit und den Zustand der „Nation“ in Lateinamerika von heute zu hinterfragen.