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Seminar: Schiffbrüche mit Zuschauern - Details
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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: Schiffbrüche mit Zuschauern
Untertitel (Modul Master: Themen, Stoffe, Motive)
Semester SS 2009
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 2
Heimat-Einrichtung Institut für Germanistik
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Offizielle Lehrveranstaltungen
Erster Termin Mittwoch, 08.04.2009 10:15 - 11:45
Studiengänge (für) Master DSL 120
Master DLK 45/75
MA/LAG/LAS alte Ordnung wobl.
SWS 2

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Mittwoch: 10:15 - 11:45, wöchentlich(15x)

Kommentar/Beschreibung

Schiffe bieten offensichtlich seit alters her nicht nur ein Beispiel für die Überlebens- und Handlungsfähigkeit des Menschen auch in widrigen Umständen, sondern verweisen auch darauf, dass Menschen aufeinander angewiesen sind. Soziale Organisationen können in diesem Sinn ebenso wie Schiffe als Techniken und Lebensmodelle angesehen werden, in denen Menschen im Zusammenhang mit anderen bestimmte Gefahren meistern, Ziele erreichen und ihr Leben zu gestalten suchen. Zugleich treten mit solchen Projekten, Einrichtungen und Plänen aber immer auch Grenzen bzw. Gefahren in den Blick: Ziele können nicht erreicht, Pläne zerstört werden und Unternehmungen – kleine wie große – können scheitern; eine Erfahrung bzw. Befürchtung, für die sich die Metapher, aber auch das Erleben bzw. Beschreiben des Schiffbruchs immer wieder angeboten haben. Hans Blumenberg hat in diesem Sinne vom Schiffbruch als einer „Daseinsmetapher“ gesprochen. Dass der für die Selbstbeschreibung gegenwärtiger Gesellschaften vielfach genutzte Begriff des „Risikos“ ebenfalls aus dem Bereich der Schiffsreisen, des Überseehandels und der Abschätzung seiner Unsicherheiten, stammt, mag dabei die Virulenz der Metapher noch einmal mehr beleuchten. Das Seminar wird anhand einer Reihe klassischer Texte (Homer: Odyssee, Cabeza de Vaca: Schiffbrüche; Shakespeare: The Tempest; Defoe: Robinson Crusoe, Schnabel: Wunderliche Fata; weitere Texte von Wilhelm Hauff, Edgar Allan Poe, Cyprian Norwid, Pierre Loti sowie aus dem 20. Jahrhundert von Michel Tournier, Peter Weiss, Sven Delblanc, Hans Magnus Enzensberger und Umberto Eco stehen zur Auswahl) den Deutungsmustern und Erfahrungen nachgehen, die in unterschiedlichen Zeiten und Texten mit dem Schiffbruch verbunden wurden/werden, wobei nicht zuletzt durch die jeweiligen Zuschauer/Zuhörer/Leser und Betrachter immer auch soziale Kontexte und deren kulturelle Codierungen, Ängste und Erwartungen, Obsessionen und Konstruktionen, in den Blick treten. Es wird auch Gelegenheit sein, auf das Thema in der bildenden Kunst und namentlich im Film (z. B. „Pirates of the Carribean“) einzugehen.
Lit.: Lesebücher zur Einführung: Joachim Delbrück: Das Buch der Schiffbrüche. München Leipzig 1914 (und öfter); Seeabenteuer und Schiffbrüche. München o. J. [z. T. identisch mit Delbrück].
Weitere Literatur: Eduard Hüttinger: Der Schiffbruch. Deutungen eines Bildmotivs im 19. Jahrhundert. In: Ludwig Grote (Hg.): Beiträge zur Motivkunde des 19. Jahrhunderts. München 1970; Dolf Sternberger: Hohe See und Schiffbruch. Zur Geschichte einer Allegorie. In: ders.: Gerechtigkeit für das 19. Jahrhundert. Zehn historische Studien. Frankfurt a. M. 1975, S. 151-164; Hans Blumenberg: Schiffbruch mit Zuschauer. Paradigma einer Daseinsmetapher. Frankfurt a. M. 1979; Sabine Mertens. Seesturm und Schiffbruch. Eine motivgeschichtliche Studie. Rostock 1987; Michel Mollat du Jourdain: Europa und das Meer. München 1993; Christoph Hönig: Die Lebensfahrt auf dem Meer der Welt. Der Topos. Texte und Interpretationen. Würzburg 2000; Thorsten Feldbusch: Zwischen Land und Meer. Schreiben auf den Grenzen. Würzburg 2003; Matthias Junge, Götz Lechner (Hg.): Scheitern. Aspekte eines sozialen Phänomens. Wiesbaden 2004; Michael Makropoulos: Meer, in: Ralf Konersmann (Hg.): Wörterbuch der philosophischen Metaphern. Darmstadt 2007, S. 236-248.