Das Seminar betrachtet den historischen Reisebericht als ein Mischgenre, das durch unterschiedliche Motivationen, Struktur- und Gestaltungselemente geprägt ist. Es kann – je nach Intention – einem diplomatischen Bericht, einer ethnographischen Beschreibung, einer Wirtschaftsanalyse, aber auch einem Roman ähneln. Damit steht der Reisebericht im Grenzbereich zwischen sachlicher Dokumentation und literarischer Fiktion; gleichzeitig ist er eine bewusste oder auch unbewusste Form der Selbstreflexion. Im Mittelpunkt steht deshalb die Frage, was Reiseberichte über das „Fremde“ und was über das „Eigene“ aussagen. Mit welchen Methoden lassen sie sich quellenkritisch analysieren? Und wo sind der historischen Erkenntnis Grenzen gesetzt?
Diesen Fragen geht das Seminar am Beispiel deutscher und englischer Reiseberichte über Polen und Russland von der frühen Neuzeit bis ins 19. Jahrhundert nach. Anhand einer relativ kleinen Zahl von Reisebeschreibungen soll untersucht werden, wie sich das Genre über einen längeren Zeitraum entwickelte. Ein wichtiger Bestandteil des Seminars ist die Lektüre alter Drucke aus dem Bestand der Franckeschen Stiftungen. Polnisch- und Russischkenntnisse sind nicht erforderlich.
Literatur:
Bauerkämper, Arnd: Die Welt erfahren. Reisen als kulturelle Begegnung von 1780 bis heute. Frankfurt a.M. 2004; Geier, Wolfgang: Russische Kulturgeschichte in diplomatischen Reiseberichten aus vier Jahrhunderten: Sigmund von Herberstein, Adam Olearius, Friedrich Christian Weber, August von Haxthausen. Wiesbaden 2004; Stagl, Justin: Eine Geschichte der Neugier. Die Kunst des Reisens 1550-1800. Wien et al. 2002; Struck, Bernhard: Nicht West – nicht Ost. Frankreich und Polen in der Wahrnehmung deutscher Reisender zwischen 1750 und 1850. Göttingen 2006.
Anmelderegeln
Diese Veranstaltung gehört zum Anmeldeset "Anmeldung gesperrt (global)".