In Deutschland als Einwanderungsland leben Menschen mit unterschiedlichen Geschichtserfahrungen und – daraus folgenden – Erinnerungskulturen. Dies stellt die Wissensvermittlung an Schulen und Hochschulen vor außerordentliche Herausforderungen, weil im Falle des Konflikts dieser Erinnerungskulturen, die Gültigkeit keines Narrativs grundsätzlich in Frage gestellt werden kann. Das Land trägt einerseits das Erbe des Antisemitismus und des Holocaust, sieht sich aber andererseits aufgrund von Flucht und Einwanderung zunehmend mit dem Erbe des Kolonialismus konfrontiert. Gleichzeitig entwickelt sich, insbesondere nach 1989, wieder ein jüdisches Leben in Deutschland. Die (Post-)Migrationsgesellschaft ist somit das Terrain mehrerer, miteinander latent im Konflikt stehender Erinnerungsnarrative.
Das Seminar möchte fragen, unter welchen Voraussetzungen sich die bisherige nationalgeschichtlich orientierte kritische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Menschen öffnen kann, deren historische Narrative und Erinnerungskulturen eher von Kolonialerfahrungen geprägt sind? Wie lassen sich unterschiedliche Erinnerungskulturen im öffentlichen Raum miteinander vermitteln? Die Lehrveranstaltung ist interdisziplinär konzipiert und wendet sich an alle interessierte Studierende (ohne Sprachvoraussetzungen). Ziel ist es, nationale und transnationale Geschichtsnarrative jenseits von Konkurrenz und Konflikt verstehen zu können.
Ort: Seminar für Judaistik / Jüdische Studien, Großer Berlin 14, Halle
Zeit: Do 10:15-11:45
Lehrende: Dr. Omar Kamil