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Seminar: „Das Lob der Torheit“ und andere literarische Versuche über die Reichweiten des menschlichen Verstandes (mi 10-12) - Details
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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: „Das Lob der Torheit“ und andere literarische Versuche über die Reichweiten des menschlichen Verstandes (mi 10-12)
Untertitel (Modul B.A./LA: Literaturtheorie (Modul Master: Literaturtheorie, Poetologie und Ästhetik; Literaturtheorie, Poetologie und Ästhetik (Vertiefungsmodul))
Semester WS 2016/17
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 10
erwartete Teilnehmendenanzahl 45
Heimat-Einrichtung Institut für Germanistik
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Offizielle Lehrveranstaltungen
Erster Termin Mittwoch, 12.10.2016 10:15 - 11:45
Studiengänge (für) B.A. DSL 60/90
LA Gymnasium/Sek. und Förderschule wobl.
Master AVL 45/75 / Master DSL 120 / Master DLK 45/75
SWS 2

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Mittwoch: 10:15 - 11:45, wöchentlich(15x)

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Dass der Mensch sich, wie es u.a. Immanuel Kant gefordert hat, seines eigenen Verstandes zu bedienen habe, setzt voraus, dass er ihn hat. Freilich lässt nicht nur die Empirie des Alltags mitunter daran Zweifel aufkommen, sondern, wie dies Barbara Tuchman in ihrer Epoche machenden Studie nachgezeichnet hat, lässt sich auch eine Geschichte der Dummheit von Troja bis zu Richard Nixon schreiben und aktuell über George Bush jr. vermutlich bis zu David Cameron und einigen seiner Zeitgenossen weiterführen. Es nimmt daher nicht wunder, dass Anthropologie und Philosophie, nicht zuletzt eine Wirtschaftstheorie und Sozialwissenschaften, die ein klug abwägendes „rational“ wählendes und ggf. entsprechend handelndes Subjekt postulieren, sich auch mit der Dummheit als einer Art gegenläufiger Position befasst haben, natürlich vielfach auch aus didaktischen und moralischen Gründen, nicht zuletzt in Bezug zu Lehrprogrammen, Verhaltensmodellierungen und erst recht im Sinne einer Schranke oder Barriere zu den Kapitalsorten, die unterschiedliche Gesellschaften bevorraten und ggf. im Angebot haben. Von Jesus wird berichtet, dass er sieben kluge von sieben törichten Jungfrauen zu unterscheiden wusste (Matthäus 25,1-13), während die „docta ignorantia“ des Nikolaus von Cues keineswegs nur eine Verwerflichkeit bezeichnete, sondern zugleich eine Brücke ansprach, die von rationalen Positionen aus zu darüber hinausgehenden Formen des Wissens, der Mystik, der Erfahrung und anderer Formen von Erkennen und Sein führen sollte. Die damit bereits im europäischen Mittelalter erkennbare Ambivalenz der mit Dummheit anzusprechenden Denkweisen, Einstellungen und Verhaltensmuster wird im Zuge der neuzeitlichen Entwicklungen noch einmal weiter aufgefächert. Nicht zuletzt zeigen sich kritische, subversive, rebellische, aber auch mystische und ideologische Besetzungen, von denen die Bekämpfung der Dummheit im Sinne einer widerständigen Dysfunktionalität nicht nur zentral in das Selbstverständnis der Aufklärung und der heute an sie anschließenden Bildungs- und Wissensgesellschaften führt, sondern hier auch auf ein Feld weiterleitet, auf dem die damit verbundenen Zwangsvorstellungen und –einrichtungen, nicht zuletzt auch als Mittel sozialer Disziplinierung, Abstufung und Ausschließung, sichtbar und kritisierbar werden. Dass dabei literarische Texte in der ihnen eigenen grundsätzlichen Ambivalenz auch als geeignete Medien sowohl zur Kritik der Dummheit als auch zu ihrer Inszenierung und ggf. gegenläufig zu ihrer kritischen Reflexion und der damit verbundenen Grenzbestimmungen auch als Gegenentwurf zu einer vermeintlich vorhandenen Rationalität in Erscheinung treten und genutzt werden können, soll Thema des Seminars sein, das damit nicht nur die Grenzen der Verstandesleistungen, sondern auch die Grenz- und Entgrenzungsmöglichkeiten ästhetisch-literarischer Gestaltungsformen zu erkunden sucht. Diese Fragestellung soll an Texten u. a. von Erasmus von Rotterdam, François Rabelais, Jonathan Swift, Jean Paul und Gustave Flaubert ebenso untersucht werden wie an einigen Filmen, bspw. der „Numbscull Trilogie“ (2000, 2003, 2016) der Coen Brothers und an der kanadischen Dokumentation „Stupidity. An exploration into the nature of stupidity in Western society and its history of our perception of it” (R: Albert Nerenberg, 2003).

Zur Einführung:
Carlo M. Cipolla: Die Prinzipen der menschlichen Dummheit. In: ders.: Allegro ma non troppo. Die Rolle der Gewürze und die Prinzipien der menschlichen Dummheit. Berlin: Wagenbach 2001, S. 49-90; O.F. Beer: Dummheit. In: Hist. Wb. Phil. 2. Basel: Schwabe 1972, Sp. 299f.; Johann Eduard Erdmann: Über die Dummheit (1866); Leopold Loewenfeld: Über die Dummheit. Eine Umschau
im Gebiete menschlicher Unzulänglichkeit mit einem Anhange: Die menschliche Intelligenz in Vergangenheit und Zukunft [1909]. Heidelberg: Springer 21921; Walter B. Pitkin: A Short Introduction to the History of Human Stupidity. New York: Simon & Schuster 1932; Robert Musil: Über die Dummheit (1937); Anton C. Zijderveld: Reality in a Looking-Glass. Rationality through an analysis of traditional folly. London Boston: Routledge & Kegan Paul 1982; Barbara Tuchman: The March of the Folly [1984]. Die Torheit der Regierenden von Troja bis Vietnam. Frankfurt a.M.: Fischer 2001.

Anmelderegeln

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