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Seminar: [BA-EM] [Seminar] Zwischen Halle und Windhoek. Die deutsche Gesellschaft und "ihre" Kolonien 1884-1918 - Details
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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: [BA-EM] [Seminar] Zwischen Halle und Windhoek. Die deutsche Gesellschaft und "ihre" Kolonien 1884-1918
Semester WS 2021/22
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 9
erwartete Teilnehmendenanzahl 25
Heimat-Einrichtung Institut für Geschichte
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Offizielle Lehrveranstaltungen
Erster Termin Freitag, 15.10.2021 10:30 - 12:00, Ort: Seminarraum 22 (25) (Raum 1.01) [LuWu 2]
Teilnehmende Studierende in den BA-Teilstudiengängen Geschichte und in den Lehramtsstudiengängen Geschichte
Voraussetzungen keine
Leistungsnachweis Studienleistungen: aktive Teilnahme an den Sitzungen auf der Basis der Lektüre von Grundlagentexten, Recherche, Interpretation und Präsentation von Quellen in einzelnen Sitzungen sowie Verfassen von kurzen Stellungnahmen zu Positionen/Argumentationen der Forschung.
Die Modulleistung besteht im Verfassen einer Hausarbeit von 12 bis 15 Seiten zu einem Thema Ihrer Wahl.
Studiengänge (für) alle Teilstudiengänge BA Geschichte, alle Lehramtsstudiengänge Geschichte
SWS 2

Modulzuordnungen

Kommentar/Beschreibung

Im Jahr 1884 erhob das Deutsche Reich erstmals den Anspruch, Gebiete und Menschen in Afrika und im Pazifik als Kolonien zu beherrschen. 35 Jahre später verlor Deutschland mit dem Versailler Friedensvertrag alle Kolonien an andere Kolonialmächte. Lange Zeit neigten Geschichtswissenschaft und politische Öffentlichkeit der Bundesrepublik dazu, die Relevanz der deutschen Kolonialherrschaft kleinzureden: Verglichen mit den anderen Kolonialmächten habe man doch nur sehr kurz und nur in wenigen Territorien Kolonialherrschaft ausgeübt. In den letzten Jahrzehnten hat sich diese Perspektive zu wandeln begonnen: Die Geschichtswissenschaft hat z.B. die genozidale Kriegsführung der deutschen Kolonialtruppen im heutigen Namibia rekonstruiert, deutsche Museen werden mit der Frage konfrontiert, ob ihre außereuropäischen Sammlungen nicht durch koloniale Raubpraktiken entstanden sind, und politische Aktivist*innen skandalisieren die Namensgebung von Straßen oder Geschäften als unreflektiertes kolonialistisches/rassistisches Erbe.
Nun besteht die Aufgabe der Geschichtswissenschaft nicht darin, zu bereits gefällten moralischen Werturteilen passende historische Tatsachen nachzuliefern. Vielmehr haben Historiker*innen zunächst einmal mit den Methoden ihrer Wissenschaft konkret zu ermitteln, wie historische Ereignisse und Strukturen entstanden sind, welche Rolle welche Akteur*innen warum dabei gespielt haben und welche Wirkungen wiederum von historischen Ereignissen und Strukturen ausgegangen sind. In diesem Seminar fragen wir daher auf der Basis von zeitgenössischem Quellenmaterial danach, welche Bedeutung die Kolonialherrschaft für die deutsche Gesellschaft selbst gehabt hat: Wessen Interessen und Einflussnahmen führten 1884 zur Aneignung von Kolonien und danach zur Entwicklung einer Kolonialpolitik? Was erfuhren hallesche Zeitungsleser*innen 1904/5 vom deutschen Vernichtungskrieg in Namibia? Wer engagierte sich damals im halleschen Kolonialverein, und welche Rolle spielte dieser Verein in der städtischen Öffentlichkeit? Welche Themen debattierte der Reichstag in Bezug auf die Kolonien? Beeinflusste die deutsche Kolonialherrschaft die Entwicklung neuer Rassismen in Wissenschaft, Öffentlichkeit und Politik des Kaiserreichs bzw. welche Rolle spielte Rassismus für die Legitimation kolonialer Herrschaft? Und schließlich: Führte ein Kontinuitätsstrang vom Vernichtungskrieg gegen Herero und Nama zum Holocaust, wie einige Historiker behaupten, andere bestreiten? Und was meint hier überhaupt „Kontinuität“? Ist sie gleichbedeutend mit „Kausalität“?
Wir lernen im Seminar wesentliche geschichtswissenschaftliche Debatten zum Thema kennen und versuchen, durch eigene Quellenrecheren zu Antworten auf die oben formulierten Fragen zu kommen. Am Ende des Seminars fragen wir bilanzierend, inwiefern das von uns so erarbeitete historische Wissen Argumente für die eine oder andere Position in den geschichtspolitischen Debatten der Gegenwart liefert.
Als Studienleistung erwarte ich von Ihnen die aktive Teilnahme an den Sitzungen auf der Basis der Lektüre von Grundlagentexten, die Recherche, Interpretation und Präsentation von Quellen in einzelnen Sitzungen sowie das Verfassen von kurzen Stellungnahmen zu Positionen/Argumentationen der Forschung.
Die Modulleistung besteht im Verfassen einer Hausarbeit von 12 bis 15 Seiten zu einem Thema Ihrer Wahl.
Nach derzeitigem Planungsstand ist das Seminar als Präsenzseminar organisiert. Wenn sich die Rahmenbedingungen ändern sollten, werde ich dies über StudIP mitteilen.
Zur vorbereitenden Lektüre empfehle ich Ihnen die Aufsätze des Sammelbandes: Jürgen Zimmerer (Hrsg.), Kein Platz an der Sonne. Erinnerungsorte der deutschen Kolonialgeschichte, Frankfurt am Main 2013. Diesen Band können Sie in unserer Bibliothek als Online-Ressource nutzen.
Da man Forschungsliteratur nie unkritisch lesen soll, empfehle ich Ihnen zudem zwei Rezensionen zu Zimmerers Sammelband unter https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-20330 (Thomas Morlang) und
http://www.sehepunkte.de/2014/04/24788.html (Ina Markova).