Rabbi Abdallah Somekh – Ein modernisierungsfeindlicher Rabbiner?, Welche Konzepte, Ideologien und Methoden verzeichnen (bis heute) die Darstellung der sephardischen Geschichte, Fremdwahrnehmung und Selbstwahrnehmung der Sefarden/Mizrahim im Prozess der Modernisierung: Rabbi Joseph Hayyim (1835-1909) zur Alliance Israélite Universelle, Die multiple Verortung eines Maskils in Bagdad zwischen Ost und West, Tradition und säkularer Gegenwart, Rabbi Joseph Hayyim zur Frage: Wie sich das sefardische Ethos von dem aschkenazischen in der modernen halachischen Entscheidungsfindung unterscheidet, Rabbi Yitzhak Dayyan aus Aleppo – Verbindung einer universalistisch-ethischen und einer zionistisch-nationalen Interpretation der Tora (Tora Jisrael we-Am Jisrael), Das Verhältnis der jüdischen Aufklärung im Osten zur jüdischen Aufklärung im Westen (Haskala) nach Rabbi Yitzhak Dayyan, Rabbi Israel Moshe Hazans Kritik an ashkenazischen Vorurteilen gegenüber den Arabern in Form eines dramatisierten Dialogs (She‘erit ha-Nahala), Was ist ein ‚arabischer Jude‘? Die Bedeutung der arabischen Sprache für die sefardischen Juden nach Israel Moshe Hazan., Joseph Messas in Tlemcen: Halachische Innovationen zwischen kolonialer Moderne und jüdischen Traditionen, Rabbi Benzion Meir Hai Uziel (1880-1953) zum Zusammenleben von Juden und Arabern in Palästina, Rav Uziel zu Land, Volk und Staat im Kontext des israelisch-palästinensischen Konflikts, Hayyim ben Kikis Analyse der europäischen Kultur in Palästina: Einheit und Unterschiedenheit von Juden, Christen und Muslime im Nahen Osten
Die moderne Geschichtsschreibung wurde – bewusst oder unbewusst – aus westlicher Perspektive geschrieben, weil ihre Autor*innen meist diesem (aschkenazischen) Kulturkreis angehörten. Noch bis in unsere Tage erfuhren daher die sefardischen Autoren oder Mizrachim im Nahen Osten entweder eine deutlich geringere Aufmerksamkeit oder sie galten – versteckt oder offen – als unmodern, weil sie angeblich die Erfahrungen der Aufklärung, Säkularisierung und Modernisierung nicht gemacht hätten. Ziel des Seminars wird es sein, durch ein close reading ausgewählter hebräischer Texte von Rabbinern wie Abdallah Somekh (Bagdad), Yitzhak Dayyan (Aleppo), Israel Moshe Hazan (Kairo), Ben-Zion Meir Hai Uziel (Jerusalem) diese These zu überprüfen. Was haben diese Autoren über das Verhältnis von Säkularisierung und Tradition, über die Rolle der westlichen Philologie für die Erforschung der jüdischen Traditionen, über das Verhältnis der Sprachen des Arabischen und Hebräischen, über die Präsenz der europäischen Kultur im Orient gedacht? Es wird sich zeigen, dass die Sephardim/Mizrachim nicht nur gegenüber dem aschkenazischen Zionismus, sondern auch gegenüber der jüdischen Aufklärung (Haskala), der Industrialisierung und der Präsenz der europäischen Kultur im Osten eigene kritische Standpunkte entwickelt hatten.
Literatur:
-Behar, Moshe and Benite, Zvi Ben-Dor: Modern Middle Eastern Jewish Thought. Writings on Identity, Politics, & Culture 1893-1958, Waltham 2013.
-Simon, Reeva Spector: The Jews of the Middle East and North Africa in Modern Times, New York 2002.
-Stillman, Norman A.: Sephardi Religious Responses to Modernity, Luxembourg 1995.
Zohar, Zvi, Rabbinic Creativity in the Modern Middle East, London 2013.
