Das 19. Jahrhundert war bei den Südslawen, die unter dem Einfluss des Osmanischen Reiches und der Österreich-Ungarischen Monarchie standen, vom Beginn der Nationsbildung und einem starken Interesse für die Volkspoesie geprägt, das sich im Sammeln von Volksliteratur manifestierte. Im Seminar wird zunächst die Sammeltätigkeit in den Kontext der Nationsbildung eingeordnet, aber auch in den politischen Kontext imperialer Interessen wie im Falle von Österreich-Ungarn. Anschließend lernen wir verschiedene Sammlungen und Sammler (z.B. Vuk St. Karadžićs Sammlung der serbischen Volkslieder, Kosta Hörmanns Sammlung der bosniakischen Volkslieder) und das Umfeld ihres Wirkens kennen. Dazu gehört auch der Einfluss wichtiger Förderer im deutschsprachigen Raum wie Jernej Kopitar, Jacob Grimm oder J. W. von Goethe oder der Übersetzerin der serbischen Volkslieder Therese Albertine Luise von Jacob Robinson (TALVJ). Im Zentrum des Seminars steht die Lektüre ausgewählter Texte, die typische Genres der Volksliteratur repräsentieren: Lieder, Märchen, Rätsel und Sprichwörter. Hierfür werden auch typische Figuren (z.B. die Heldenfiguren Marko Kraljević und Budalina Tale), Themen (z.B. die Schlacht auf dem Amselfeld) und Motive (z.B. zur Funktion des Übernatürlichen) analysiert.
Das Seminar steht im Zusammenhang mit dem 200-jährigen Jubiläum des Wirkens von Vuk St. Karadžić im deutschsprachigen Raum und der Ausstellung „Vuk und die Deutschen“, die im Juli 2022 in Co-Organisation mit dem Seminar für Slavistik zu sehen sein wird. Unterrichtssprache ist Deutsch, Interessenten sind herzlich willkommen. Der Großteil der Literatur steht in deutscher Übersetzung zur Verfügung.