Die Entwicklung und Bewältigung lokaler Konflikte ist in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend unter den Einfluss des humanitären Völkerrechts und global zirkulierender Menschenrechtsdiskurse geraten. Insbesondere unter dem Eindruck des Zweiten Weltkriegs bildeten die Nürnberger Prozesse, die UN-Menschenrechtscharta sowie die Genfer Konventionen wichtige Meilensteine in der Entwicklung dieses transnationalen Rechts, welches vermehrt die Grundlage für externe Einflussnahmen auf Konflikte bildet, die vormals als innere Angelegenheiten souveräner Staaten betrachtet wurden. Dies hat zu zwei wesentlichen Formen der Verschränkung von lokalen Konflikten und translokalen Prozessen geführt: einerseits zu humanitären Interventionen, in deren Verlauf zum Schutz der Lokalbevölkerung in das an sich souveräne Geschehen innerhalb eines anderen Staates eingegriffen wird, wobei neben kriegerischen Handlungen auch Formen der humanitären Hilfe – z.B. medizinische Grundversorgung durch „Médecins Sans Frontières (MSF)“ oder die Überlebenssicherung in UN-Flüchtlingslagern – möglich sind. Demgegenüber operieren Modelle einer „transitional justice“ andererseits unter einem längeren Zeithorizont, der die Gegenwart als politischen Übergang entwirft, in dessen Verlauf massive Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit wiedergutzumachen sind, um eine gerechtere Zukunft überhaupt erst zu ermöglichen. Hier geht es also um die Rekonstitution eines „normalen“ Lebens, gekennzeichnet durch universale Gerechtigkeits- und Menschenrechtsstandards, wobei als Mittel verschiedentlich die strafrechtliche Verfolgung in Kriegstribunalen, die Versöhnung in Wahrheitskommissionen oder die Entschädigung durch Reparationszahlungen kombiniert werden. Dieses Seminar befasst sich anhand ausgewählter Fallbeispiele kritisch mit den Chancen und Risiken, die mit derartigen externen Einflussnahmen auf lokale Prozesse einhergehen.