Magie, die Kunst durch okkulte Handlungen auf den Lauf der Dinge einzuwirken, hat als Forschungsobjekt der Ethnologie eine lange Tradition. Seit dem 19. Jahrhundert gibt es innerhalb des Faches eine fruchtbare und facettenreiche Auseinandersetzung mit dem Übernatürlichen und deren gesellschaftliche Repräsentanten – Hexen, Heiler, Schamanen und Magier. Assoziiert mit Fremdheit und Scharlatanerie wurde das „magische Denken“ dem wissenschaftlichen Materialismus der Aufklärung diametral entgegengesetzt und in einer evolutionären Reihe von Religion und Wissenschaft rigoros abgetrennt. Die großen Fragen nach der Beziehung von Geist und Materie und der imaginierten Potenz von Symbolen und Symbolismen blieben jedoch bestehen.
Mit Hilfe eines komparativen Ansatzes nähern wir uns in diesem Seminar den komplexen Verknüpfungen und insbesondere der Rolle der speziellen Vermittler zwischen spiritueller und materieller Ebene, welche in fast allen Kulturen anzutreffen sind. Für das Verständnis kontemporärer okkulter Ökonomien ist es jedoch zentral, Magie nicht nur als Antithese zur Moderne zu verstehen, sondern sie vielmehr auch in ihr zu verorten. Als religionsethnologische Einführung konzipiert, geht es in diesem Seminar auch um das Nachzeichnen einer fachtheoretischen Genealogie (Tylor, Frazer, Mauss, Lowie, Malinowski, Evans-Pritchard, Favret-Saada, Taussig) zu einem klassischen Kernthema der Ethnologie.