Das verschiedenen Autoren in den Mund gelegte Diktum "Fatta l'Italia bisogna fare gli Italiani" (oder eine ähnliche Formulierung) bringt ein grundlegendes Problem des jungen Königreichs Italien auf den Punkt: Die 1861 errungene staatliche Einheit hat nicht zwangsläufig eine Identifikation der frischgebackenen Bürger mit ihrem Staat zur Folge. Ohne sie würde der politische Zusammenhalt indes prekär bleiben.
In dieser Lehrveranstaltung soll es um die vielfältigen Wege gehen, über die versucht wurde, nach der politischen Einigung auch eine italienische Identität zu schaffen. Hoch- und Alltagskultur waren gleichermaßen gefordert. Der Bogen spannte sich über geopolitische Maßnahmen, die Literatur und die Schaffung einer einheitlichen Sprache, die Literaturgeschichtsschreibung, die Schule, die Esskultur, die Musik, die Verehrung von Nationalhelden, Denkmäler, Symbole u.a.m. Im 20. Jahrhundert kamen neue Medien wie der Film und das Fernsehen hinzu. Auch wenn es sich im Grunde um einen Prozess handelt, der immer noch nicht abgeschlossen ist, soll der Schwerpunkt des Seminars auf der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg liegen.