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Seminar: BA: Formen jüdischer Schriftauslegung vor und nach der Entstehung des Islam: Midrasch, Peshat-Kommentar, hermeneutischer Schriftkommentar - Details
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Allgemeine Informationen

Veranstaltungsname Seminar: BA: Formen jüdischer Schriftauslegung vor und nach der Entstehung des Islam: Midrasch, Peshat-Kommentar, hermeneutischer Schriftkommentar
Veranstaltungsnummer OSW.03668.02 und OSW.03668.02
Semester SS 2020
Aktuelle Anzahl der Teilnehmenden 1
erwartete Teilnehmendenanzahl 15
Heimat-Einrichtung Jüdische Studien / Judaistik
Veranstaltungstyp Seminar in der Kategorie Offizielle Lehrveranstaltungen
Erster Termin Dienstag, 14.04.2020 16:15 - 17:45
Art/Form BA Ersatzmodul für Abschlussarbeit und MA Jüdische Philosophie und Geistesgeschichte
ECTS-Punkte 10 LP

Räume und Zeiten

Keine Raumangabe
Dienstag: 16:15 - 17:45, wöchentlich

Kommentar/Beschreibung

Auf die Frage, was der Kern der jüdischen Tradition sei, gibt es vermutlich keine zwei gleichlautenden Antworten. Was jedoch niemand leugnen wird, ist die Tatsache, dass die Inhalte der jüdischen Traditionen insbesondere durch ihre literarischen Formen hervorgebracht wurden und werden. Um einen Zugang zu den jüdischen Traditionen zu erhalten, bedarf es aber spezifischer Fertigkeiten, um diese literarischen Formen sachgemäß zu „ent-schlüsseln“. Ohne ein Wissen um ihre Funktionsweise, bleibt ihr Argument letztlich im Verborgenen.
Ein grundlegendes und dem Judentum in besonderer Weise eigenes Genre ist der Midrasch. Das Seminar wird zunächst in das Handwerkszeug der Midrasch-Lektüre einführen. Dies soll anhand von Midraschim zum Hohelied geschehen, weil diese die Frage nach den hermeneutischen Prinzipien und Möglichkeiten des Midrasch selber gestellt und diskutiert haben. Dies gilt bis einschließlich der Verschriftlichung der Talmudim im Großraum Bagdad. Mit dem Auftreten Mohammeds im 7. Jahrhundert entwickeln sich die jüdischen Traditionen nun in enger Wechselwirkung mit den Dynamiken des entstehenden Islam. Aus diesem Grund findet der dort ab dem 8. Jahrhundert entstehende Schriftkommentar (Korankommentare des Kalām) auch Eingang in die jüdischen Traditionen der Schriftauslegung (z.B. bei Saadia Gaon). Der Midrasch gerät nun in eine Spannung zum Schriftkommentars, der sich vor allem für einer wörtliche Auslegung der Schrift (Peshat) interessiert. Und schließlich hat der Peshat-Kommentar – im muslimischen Kontext von al-Andalus – einen weiteren Entwicklungsschub erfahren. Neben seinem Fokus, einen fortlaufenden Kommentar der Bibel-Bücher zu bieten, interessiert er sich nun vor allem für eine Interpretation des Gesamtzusammenhangs eines biblischen Buchs. Kennzeichen für diese Auslegungsform sind ihre ausführlichen hermeneutischen Einleitungen. Anhand der Lektüre ausgewählter Hohelied-Kommentare wird das Seminar in seinem dritten Teil das Zusammenspiel von Midrasch, Peshat und hermeneutisch-konzeptioneller Auslegung beispielhaft erkunden. Diese Entwiclungen lässt die fortan sich vor allem in christlichen Gesellschaften entfaltende große Fruchtbarkeit des jüdischen Schriftkommentars in einem etwas anderen Licht erscheinen.

Literatur:
Daniel Boyarin, Intertextuality and the Reading of Midrash, Indiana 1994
Raphael Jospe, „Biblical exegesis as a philosophical literary genre: Abraham ibn Ezra and Moses Mendessohn“, in: Emil L. Fackenheim (ed.), Jewish Philosophy and the Academy, Madison 1996, 48-92
Barry W. Holtz, Back to the Sources. Reading the Classic Jewish Texts, New York 1984